Mit welchen Gegenständen arbeiten Wissenschaftler_innen – und welche Schlüsse ziehen sie daraus? In der kommenden Zeit wollen wir verschiedene Objekte aus der Forschung und die Geschichten hinter ihnen vorstellen. Den Anfang macht eine neue Rhododendrenart: Rhododendron smokianum. Dirk Albach, Professor für Biodiversität an der Universität Oldenburg, entdeckte sie gemeinsam mit Ralf Bauer, einem Rhododendrensammler und Zahnarzt aus Offenburg.
Herr Albach, kürzlich haben Sie die neue Art „Rhododendron smokianum“ in der Fachzeitschrift „Systematic Botany“ erstmals beschrieben. Wie sind Sie auf die Pflanze gestoßen?
Den Anfang machte nicht ich selbst, sondern Ralf Bauer. Anders als ich ist er kein studierter Biologe, sondern Zahnarzt. Als passionierter Rhododendrensammler war er mit anderen interessierten Laien in den USA im Austausch. Sie wiesen ihn darauf hin, dass es in den Great Smoky Mountains im Bundesstaat Tennessee Arten gibt, die möglicherweise noch nicht wissenschaftlich erfasst worden sind. Herr Bauer sichtete sie vor Ort und ließ sich von der American Rhododendron Society Samen nach Deutschland schicken. In seinem Garten züchtete er sie selbst heran. Ob es sich aber tatsächlich um eine neue Art handelte, konnte er selbst nicht vollständig untersuchen. Daher wandte er sich an den Leiter des Rhododendronparks in Bremen, der wiederum den Kontakt zu mir herstellte.

Foto: Universität Oldenburg
Wie haben sie die Pflanze untersucht?
Herr Bauer schickte mir Fotos und Blätter, deren DNA ich im Labor analysierte. Dazu zermörserte ich ein Blatt und vermengte es anschließend mit einem speziellen Puffer. Das ist, vereinfacht gesagt, eine Salzlösung, die wichtig ist, um die sonst instabile DNA zu stabilisieren. Die so entstandene Lösung filterte ich mit speziellen DNA-Extraktionsfiltern, die DNA an sich binden. Am Ende blieb etwa ein Milliliter Flüssigkeit übrig.

Foto: Ralf Bauer
Was machten Sie anschließend mit der DNA?
In der DNA von Rhododendren gibt es bestimmte Abschnitte, bei denen die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten besonders groß sind. Diese Abschnitte habe ich vervielfältigt und sequenziert, also die Abfolge der einzelnen Nukleinsäuren bestimmt. Am Computer konnte ich sie mit der DNA von ähnlichen Arten vergleichen – insgesamt habe ich dafür etwa 40 Individuen von circa 30 Arten herangezogen. Sowohl bei den DNA-Analysen als auch in der Form der Pflanze und ihrer Blüte stellten Herr Bauer und ich Unterschiede zu bekannten Arten fest. So konnten wir uns sicher sein, dass es sich um eine andere Art handelte als die etwa 1.200, die bisher bekannt sind.
Konnten Sie dann selbst einen Namen festlegen?
Ja, den Namen konnten wir frei wählen. Meistens werden Pflanzen entweder nach besonderen äußeren Merkmalen oder nach ihrer Herkunft benannt. Wir entschieden uns für die Herkunft: Der Name „Rhododendron smokianum“ spielt auf die Great Smoky Mountains an. Ähnlich wie hier im Nordwesten gibt es auch dort nährstoffarme Böden, auf denen Rhododendren besonders gut gedeihen. Bei „Rhododendron smokianum“ weisen die Böden zusätzlich besonders viele Schwermetalle auf.

Foto: Ralf Bauer
Werden Sie auch in Zukunft an Rhododendren forschen?
Zuerst einmal bin ich noch damit beschäftigt, die neue Art in botanischen Datenbanken erfassen zu lassen, etwa bei World Flora Online. Herr Bauer und ich arbeiten weiter zusammen: Bei einem neuen Projekt, das von der American Rhododendron Society gefördert wird, erforschen wir Rhododendren im Südosten der USA. Da Herr Bauer diese Gegend schon genauer erkundet hat, kann er uns wichtige Informationen darüber liefern, welche Art wo zu finden ist.
Nicht alle Hobbybotaniker_innen entdecken gleich eine neue Art. Welche Möglichkeiten gibt es für interessierte Laien, Pflanzen und Tiere zu identifizieren und zu wissenschaftlicher Forschung beizutragen?
Eine Möglichkeit ist die App iNaturalist. Mit ihrer Hilfe kann man nicht nur Pflanzen und Tiere auf Fotos automatisch analysieren. Zusätzlich liefert man so Forschenden Datenmaterial darüber, welche Arten wo besonders häufig vorkommen.