Medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis)
Foto: iStock: Eugene03

Nachgefragt bei… Jens-Steffen Scherer

TLDR:

Jens-Steffen Scherer ist Doktorand am Department für Neurowissenschaften an der Universität Oldenburg und beschäftigt sich mit der Flexibilität einfacher Nervensysteme. Zumdem hat er ein Faible für Wissenschaftskommunikation. Ich habe ihn getroffen und ihm Fragen über seine Forschung, seine Motivation, aber auch seine persönliche Liebe zu unserer Region gestellt.

Lesedauer: 3 min Kategorie: Interview Datum: 29. April 2020

# Jahrgang 1993 (27 Jahre)
# Doktorand am Department für Neurowissenschaften
# Flexibilität einfacher Nervensysteme
# Faible für Wissenschaftskommunikation

Jens-Steffen Scherer

Warum sind Sie Wissenschaftler geworden?

Ich bin Wissenschaftler geworden, weil ich gerne Neues entdecke. Ich habe großen Spaß daran, Sachen auf den Zahn zu fühlen und dabei mehr über unsere komplexe Welt zu verstehen. Natürlich freut es mich auch, wenn ich mit meiner Forschung einen Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt leisten kann. Außerdem motiviert es mich, andere Menschen zu inspirieren, deswegen engagiere ich mich stark in der Szene der Wissenschaftskommunikation, wie zum Beispiel beim Oldenburger Science Slam. So kann ich etwas von meinem Wissen weitergeben und andere von der Wissenschaft insgesamt begeistern.

Woran arbeiten Sie aktuell?

Ich promoviere derzeit am Department für Neurowissenschaften in der medizinischen Fakultät. Der Arbeitstitel meiner Doktorarbeit lautet „Flexibilität im Nervensystem des Blutegels“. Dabei beschäftige ich mich mit den Grundmechanismen von Lernen und Plastizität auf zellulärer Ebene, das heißt auf Ebene einzelner Nervenzellen und deren Verbindungen untereinander, den sogenannten Synapsen. Plastizität ist die Fähigkeit von Nervenzellen, ihr Antwortverhalten basierend auf früheren Erfahrungen anzupassen. Am Beispiel gesprochen: Wie schafft es ein so simpler Organismus mit nur 10 000 Neuronen, sich so effizient an seine Umwelt anzupassen und von früheren Erfahrungen zu lernen? Das funktioniert nur bei wenigen anderen Nervensystemen so gut wie in dem des Blutegels. Natürlich ist sein Nervensystem wesentlich simpler als das des Menschen, aber die Grundbausteine sind die gleichen: Nervenzellen, elektrische und chemische Reizübertragung, Neurotransmitter und vieles mehr.

Wo holen Sie sich Inspiration?

Besonders aus persönlichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen sowie Freundinnen und Freunden. Zudem höre ich sehr gerne Hörbücher. Aktuell zum Beispiel “Factfulness“ von Hans Rosling oder „Alexander Humboldt und die Erfindung der Natur“ von Andrea Wulf. Wie gesamtheitlich und interdisziplinär Alexander von Humboldt schon vor 200 Jahren versucht hat, die Natur zu verstehen und zu erklären, ist bis heute beeindruckend. Auch besuche ich gerne andere wissenschaftliche Vorträge, um mich inspirieren zu lassen. Ich finde es total spannend, in immer wieder neue Forschungsfelder einzutauchen und zu sehen, wie unterschiedlich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unserer Zeit an komplexe Fragestellungen heran gehen.

Wie hilft Ihre Forschung den Menschen im Nordwesten?

Da ich Grundlagenforschung betreibe, gibt es keinen direkten Nutzen für Bürgerinnen und Bürger unserer Region. Ein tieferes Verständnis der Grundprinzipien von Lernen und Gedächtnis könnte uns aber eines Tages dabei helfen, lernbezogene Erkrankungen wie beispielsweise Demenz besser zu verstehen.

Welches ist Ihr Lieblingsort in unserer Region?

Im Sommer gehe ich gerne mit Freunden zum Bornhorster See schwimmen und entspannen. Zur Abendzeit findet man mich häufig im Restaurant „Beschte!“, die vegetarischen Burger sind hier sehr zu empfehlen. Zudem treibe ich gerne Sport und bin Mitglied im Tennisverein „TC Blau-Weiß Oldenburg“ in Donnerschwee. Die schöne Anlage, auf der ich im Sommer viel Zeit verbringe, gehört somit wohl auch zu einem meiner Lieblingsorte in Oldenburg.

Im Sommer findet man Jens-Steffen Scherer oft auf dem Tennisplatz
Foto: Unsplash: samuel-elias

Welche „Impulse“ wünschen sie sich von unseren Leser_innen?

Ich wünsche mir vor allem Interesse an der Wissenschaft und damit an Formaten der Wissenschaftskommunikation. Oldenburg hat in diesem Bereich so tolle Veranstaltungen, wie das Pubquiz, Hirn vom Hahn, Science Slams oder öffentliche Vorträge sowie Podiumsdiskussionen an der Universität und im Schlauen Haus zu bieten. Hier möchte ich zukünftig noch viel mehr interessierte Bürgerinnen und Bürger unserer Region treffen. Zudem möchte ich jeden Einzelnen ermuntern, sich in wichtige Fragen und Debatten unserer Zeit einzubringen. Gerade jetzt in Zeiten von Corona merken wir wieder, wie wichtig eine informierte, mündige Gesellschaft ist.

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